Warum sich vor Moslems fürchten?

Je nach Bedarf sind einmal die Juden, ein andermal die Moslems - und in jedem Fall die Ausländer an allem schuld. Der hierzulande in gewissen Kreisen übliche Antisemitismus wird derzeit überlagert durch einen mutwillig vom Zaun gebrochenen Antiislamismus. Diese xenophobe Grundstimmung ist Vorbote einer nahen Wahl - deren Nebenumstände durch das Aufeinanderprallen von Heinz-Christian Strache und Peter Westenthaler vorgezeichnet sind. Schon jetzt darf darauf gewettet werden, dass uns ein besonders ekelhafter Antiausländerwahlkampf Sommer und Frühherbst vermiesen wird.

Am kommenden Montag (29. Mai) wird vom Parlamentspräsidenten Andreas Khol im Wiener Palais Epstein die Ausstellung "Zeitreise - Reisezeit - vom 19. ins 20. Jahrhundert in die österreichisch-türkische Vergangenheit" eröffnet. Veranstalter ist der Sankt Georgs Absolventenverein - das sind die Abgänger des von dem katholischen Ordensmann Franz Kangler geleiteten Georgs-Kollegs in Istanbul.

Um es einmal ganz deutlich zu sagen: Die Absolventen/innen dieser Schule stammen mehrheitlich aus der Türkei, haben in christlichem Umfeld ihre höhere Schulbildung erworben - und sind mehrheitlich Moslems geblieben. Sie sind international tätig - in Österreich als voll integrierte Ärzte, Manager, Schuldirektoren, Kaufleute, Designer und Künstler. Sie alle haben ein Ziel: den Abbau von Vorurteilen.

Ehe sich wer weiterhin vor Türken, Moslems, Ausländern fürchtet, sollte er ins Palais Epstein pilgern und sich nicht wundern, wie konkret die historischen Achsen zu Österreich sind.

 

Alfred Worm, in: NEWS 22/06